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Emotionales Wohlbefinden im Hundetraining

Aktualisiert: vor 6 Tagen

Hundetraining steht und fällt mit dem emotionalen Wohlbefinden. Emotionen werden mit sämtlichen Signalen mit verknüpft. Dagegen können wir nichts tun; Klassische Konditionierung wirkt ununterbrochen auf uns ein. Somit sollte Hauptfokus im Hundetraining, das emotionale Wohlbefinden sein. Je positiver Signale aufgebaut und verknüpft werden, umso besser sind sie abrufbar - umso lieber werden sie von unserem Hund gezeigt!


„Wohl“ beschreibt eine stabile und mehr als nur ausreichende Gesundheit; es ist gemeint, dass es dem Individuum gut geht, es sich in einem guten körperlichen und seelischen Zustand befindet.

„Befinden“ ist ein individuelles Gefühl, abhängig von inneren und äußeren Faktoren.

Das emotionale Wohlbefinden beschreibt die Bedeutsamkeit der psychischen Gesundheit, die wiederum im direkten Zusammenhang mit dem körperlichen Gesundheitszustand sowie den individuellen Erfahrungen und Bedürfnissen steht, und in welcher Vielfalt das Individuum die Möglichkeit erhält diese auszuleben.

 

Um die individuellen Vorlieben unseres Hundes zu erkennen, reicht es aus, unseren Hund genau zu beobachten. Welche Hobbies hat er eigentlich, was macht er so richtig gerne? Diese Beobachtungen können wir in Form von Beschäftigung oder Belohnung anbieten. Hierbei kann uns die Top 20 Liste helfen den Überblick zu behalten. Was gestern an jenem Ort ein Lieblingshobby war, kann heute an einem anderen Ort und mit einer anderen Laune ganz anders aussehen.

 


Hund spielt Frisbee - Emotionales Wohlbefinden im Hundetraining

Passende Belohnungsmöglichkeiten anzubieten ist wichtig und entsprechend bedürfnisorientiert zu trainieren ebenso. Weitere Möglichkeiten das emotionale Wohlbefinden unserer Hunde positiv zu beeinflussen, gibt es noch in anderen Bereichen.

Perspektivwechsel!

Betrachten wir alles mal aus den Augen unseres Hundes, dann erkennen wir, dass er komplett abhängig von uns ist!

Unsere Hunde suchen sich nicht aus mit uns zu leben. Das entscheiden wir! Wir entscheiden auch, wann es Futter gibt und welches Futter im Teller landet. Die Tore nach draußen werden durch uns geöffnet. Streicheleinheiten, Spiel, sichere Plätze und Schlafenszeiten werden durch uns bestimmt.  Letztendlich dominieren wir alle Situationen unseres Hundes. Anstatt Möchtegernmachtspiele mit unserem Hund zu spielen, sollten wir besser nach Situationen suchen, in denen er die Möglichkeit erhält, selbstbestimmt zu handeln. Je mehr Entscheidungsfreiheit wir unserem geliebten Vierbeiner im Alltag ermöglichen – er also das Gefühl erlebt mitzuwirken und mitentscheiden zu dürfen – tun wir immenses für sein Wohlbefinden.

 

Im Rahmen von Enrichment, können wir unseren Hunden Beschäftigung, über den Tag verteilt anbieten. Hierbei spielen die individuellen Vorlieben unseres Hundes eine Rolle. So unterschiedlich unsere Hunde sind, genauso unterschiedlich fällt die Top 20 Liste aus. Auch nach Tagesform oder Gesundheitsstatus können sich Vorlieben und Hobbys verändern – gemeinsames Spielen, Tricktraining, etwas zerfetzen, Leckerchen auspacken, Suchspiele, Streicheleinheiten...

 

Aber Enrichment ist noch mehr!

 

Das Zusammenleben von Mensch und Hund lässt eine vollste Befriedigung unserer Hunde nicht zu. Daher sollten wir es unseren Hunden ermöglichen so viel arttypisches Verhalten ausleben zu können, wie nur möglich.  

Eine Möglichkeit ist die tägliche Futtersuche, welche fest verankertes biologisches

Verhalten stimuliert – die Orientierung sowie das Fokussieren des Futters, das Hinterherlaufen, ggf. zerfetzen und abschließend das Essen von Futter, sind Jagdsequenzen die unsere Hunde im sicheren Umfeld auf diesem Wege ausleben können. Dies kann sich auf das Jagdverhalten außerhalb des sicheren Umfelds wiederum auswirken.

 

Ein strukturierter Tagesablauf mit Zeitfenstern und das gezielte Anwenden von Ankündigungen im Allgemeinen, führen zu mehr Sicherheit im Leben unserer Vierbeiner. Wenn das Individuum weiß, was mit ihm oder in seiner Umwelt passieren wird, gibt es weniger Ansatzpunkte für Nervosität und das Entstehen von Ängsten.

 

Beispiel Tierarztbesuch. Wer mag schon unangekündigt angefasst oder gar eine Spritze in der Schulter spüren? Um unseren Hund zu unterstützen, geben Vorankündigungen einen Grad an Sicherheit. Zusätzlich können wir im Rahmen unseres Trainings verschiedene Targets aufbauen, welche man weiterführend in die Tierarztpraxis überträgt. (Kinntarget, Maulkorb, auf eine Matte stehen, auf dem Tisch stehen und verschiedene Berührungen durchgehen, sowie diverse Hilfsmittel und Gerüche einer Arztpraxis können wir ins Training mit einbinden, auch die Möglichkeit aktiv ja oder nein zu sagen können wir ins Training mit einbeziehen). Welche Hilfen man aufbauen möchte, sollte man individuell für den jeweiligen Hund entscheiden.

 

Gestaltung eines Trainingssettings sollte im gewohnten Umfeld starten, da wo sich der Hund wohl fühlt und dort wo er sich auskennt. Dem Hund die Möglichkeit geben Pause einzufordern, wenn er es benötigt, sollte ein wesentlicher Bestandteil eines Trainings sein. Somit geben ihm regelmäßig die Möglichkeit Entscheidungsfreiheit und Selbstwirksamkeit zu erfahren. Das simple hinzufügen eines Schnüffelteppichs, in dem Leckerchen landen, wenn der Hund diesen während des Trainings aufsucht, führt dazu, dass dieses Objekt ein Exittarget wird. Das heißt, sobald der Hund den Schnüffelteppich aufsucht, gibt es Pause und Leckerchen auf dem Teppich.

Hund am Schnüffelteppich

Unser Training wird durch diese simple Maßnahme Gesamtheitlich aufgewertet! Wir bekommen einen motivierten Hund, der eigenständig wählt mit uns gemeinsam zu trainieren und zu lernen.

Er weiß, er kann jederzeit aussteigen! Dieses Wissen führt zu mehr Ruhe im Training und Entspannung im Alltag. Stell Dir vor, Du hast im Sport Durst, darfst aber nicht selbstständig zu deinem Trinken gehen... Das stresst! Wenn Du jedoch selbstständig eine Pause einläuten darfst um zu trinken, dann steigst Du doch auch gerne wieder ins Training ein, wenn Du daran Spaß hattest 😉.



Es gibt einige Situationen im Alltag, die wir hinterfragen und unter die Lupe nehmen können, um unseren Hunden Mitsprachemöglichkeit zu geben.  Welchen Weg wollen wir gehen - rechts oder links entlang? Magst du spielen? Magst du gestreichelt werden? ... Jede Frage lässt auch Raum für Antworten!

 

Der positive und wohlwollende Umgang ist die Basis für eine gute Bindung. Um das Leben unserer Hunde zu bereichern können wir noch folgendes tun:

 

-        Ausdrucksverhalten unserer Hunde kennen, um Emotionen richtig interpretieren zu können

-        Stresssignale wahrnehmen und darauf eingehen

-        Entscheidungsfreiheiten dort ermöglichen wo wir es können

-        Hundetraining mit positiver Verstärkung und Spaß gestalten

-        Markersignal aufbauen um gezielt Verhalten zu verstärken

-        Arttypisches Verhalten ermöglichen

-        Beschäftigung und Belohnung entsprechend den individuellen Vorlieben gestalten

-        Ankündigungen und routinierte Abläufe bringen Erwartungssicherheit

-        Sichere Plätze zu Hause anbieten um sich zurückziehen zu können

 

Die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Entscheidungsfreiheit führt dazu, dass sich der Hund als Individuum mehr eingebunden, verstanden und respektiert fühlt. Kommunikation auf Augenhöhe wird möglich und Bindung gestärkt. Wenn wir unsere Hunde lesen, wird es uns möglich auf individuelle Bedürfnisse, Ängste, Fragestellungen einzugehen. Und je mehr wir dies tun, desto häufiger wird sich unser Hund uns mitteilen. Daraus wächst Freundschaft - Freundschaft, die mit positiven Ereignissen verknüpft ist. Positive Ereignisse im Leben unseres Hundes führen zu einer Verbesserung des emotionales Wohlbefindens.



 

Petra Zivnicek . Hundetrainerin . Hundepsychologin


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