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AutorenbildNomadedog

Gassigehen vs. Spaziergang vs. Draußenzeit – Gedanken zu Etiketten

Aktualisiert: 23. Juni


Die gemeinsame Zeit draußen mit Hund - wie wir sie gestalten und wahrnehmen - wird mitunter durch unsere Denkweise beeinflusst; wie wir die Dinge benennen hat Einfluss.

 

Etiketten! Das gesprochene Wort geht über in unsere Gedanken, in unsere Meinungen und beeinflusst wie wir unser Gegenüber und die Umwelt wahrnehmen.

 

Es kommt häufig vor, dass ich beobachte, wie Menschen ihre Hunde an der Leine weiterziehen. Heute habe ich eine ganz neue Form des Weiterziehens beobachtet und konnte ein Kommentar nicht für mich behalten.

Ein Mann läuft zügig mit seinem Hund an kurzer Leine. Sein kleiner, muskulöser und sportlicher Hund wird immer wieder langsamer im Tempo. Mit Schwung bekommt der Hund einen Ruck und hebt dadurch vom Boden ab und landet eine halbe bis ganze Körperlänge weiter vorne, um sein Tempo kurzzeitig wieder dem seines Halters anzupassen.  

 

Auf meine Ansprache, dass es immer einen Grund gibt, wenn der Hund langsamer wird, sagte der Mann: „der ist faul! Der ist 5 Jahre alt. Der ist faul!“. Meine Antwort war, dass das eine Interpretation sei. Weshalb ich in seinen Augen keine Ahnung hätte, denn der Hund sei einfach nur faul.

 

Mögliche pathologische Erkrankungen oder vorliegende Ängste, die der Hund haben könnte, werden durch diese Darstellung seines eigenen Hundes, komplett ausgeblendet.

Durch das Etikett „faul“, macht es sich der Mensch „bequem“... Durch die eigene Verblendung geht er davon aus, dass grundsätzlich alles in Ordnung ist, und es keinen Trainingsbedarf oder medizinische Abklärung benötigt. Dabei könnte eine konkrete Verhaltensanalyse, inklusive einer medizinischen Abklärung tatsächlich Besserung für seinen Hund bedeuten, wodurch er seinen Hund nicht mehr hinter sich herziehen müsste und die Spaziergänge auch für ihn angenehmer würden.

 

Im nächsten Moment sehe ich ein Pärchen mit ihrem Hund laufen, ca. 3 Meter Leine, der Hund schnüffelt an einem Busch und das Pärchen wartet und unterhält sich eine ganze Weile bis er fertig ist, woraufhin sie gemeinsam weiterlaufen. So schön!

 

Hund im Wald

Ob wir nun Gassigehen, einen Spaziergang machen oder gemeinsam draußen Zeit verbringen. Je nachdem wie wir unsere Zeit mit Hund sehen und aussprechen, so gestalten wir sie letztendlich auch.

 

Was bedeutet dir die Zeit mit Hund? Warum gehst du mit deinem Hund Gassi? Ich vermute, um ihm eine gute Zeit draußen zu ermöglichen, in der dein Hund seinen individuellen Bedürfnissen nachgehen kann.

 

Stimulation – neue Reize, Eindrücke, Abwechslung – das ist doch einer der Gründe, weshalb wir mit unseren Hunden vor die Türe gehen.

Unsere Hunde möchten die Welt erkunden. Erkundungsverhalten ist für das allgemeine Wohlbefinden unserer Hunde enorm wichtig! Schnüffeln, um Informationen aus der Umwelt zu erhalten und zu verarbeiten, ggf. darauf zu antworten.

Die Geruchswelt, in der sich Hunde bewegen, ist uns so fern, dass wir uns nicht vorstellen können, was unsere Hunde auf dieser Ebene wahrnehmen und kommunizieren können. Umso wichtiger ist es, sich damit zu beschäftigen (tolles Buch dazu: Alexandra Horowitz "Inside of a dog").

 

Wenn wir mit unseren Hunden vor die Türe gehen, können wir uns im Vorhinein Gedanken darüber machen, was unser Hund auf seinem Spaziergang braucht und was er gerne macht.

Mag mein Hund gerne Bewegung? Dann kann ich das einbauen. Mag er Spiel und Spaß, kann ich das an passenden Örtlichkeiten einbauen. Kleine Suchspiele, gemeinsame Spiele oder Training an Signalen, können wir in unseren täglichen Spaziergang mit einbauen. Hierzu können wir spezielle „Inseln“ auf dem Spaziergang dafür aufsuchen.

Während der Zeiten zwischen den Inseln, kann mein Hund seine Umwelt im eigenen Tempo und Stil erkunden.

 


Wie du die Dinge betitelst, beeinflusst deine Sichtweise und Verhalten.

Eigene Erfahrungen, der erlebte Erziehungsstil oder Meinungen von anderen Menschen, könnten dich im hier und jetzt beeinflussen... Es könnte dich dahingehend beeinflussen, dass du denkst, dass du auf deinen Spaziergängen unbedingt geradeaus laufen und dein Hund eng bei dir laufen muss. Es könnte dich dahingehend beeinflussen, dass du denkst, dass dein Hund immer und überall gehorchen und funktionieren muss...

... Es bleibt ein Gefühl... Dein Hund ist keine Maschine. Dein Hund ist ein Individuum mit eigenen Bedürfnissen und Charakter – er fühlt und denkt. Das weißt du.

 

Unsere Gedanken können unseren persönlichen Weg beeinflussen. Sich selbst und die Dinge um sich herum zu hinterfrage und sie sich bewusst zu machen, hilft uns Muster zu durchbrechen. Selbstliebe. Wie wir die Dinge sehen und benennen, beeinflusst auch unseren Umgang und die gemeinsame Zeit mit Hund.  


Draußenzeit mit meinem Hund, bedeutet Qualitätszeit! Diese gemeinsame Zeit soll mir und meinem Hund guttun. „Inseln“ eröffnen Möglichkeiten mit meinem Hund an bestimmten Signalen zu trainieren, Spaß zu haben, und gezielt auf seine individuellen Bedürfnisse einzugehen. Ebenso können z. B. Baumstämme oder andere schöne Plätze dazu einladen, Orte zum verweilen und entspannen zu kreiieren.


Die Welt aus den Augen meines Hundes zu sehen, mich auf seine Welt, soweit es geht, einzulassen, ihn verstehen und lesen zu wollen, fördert Kommunikation auf Augenhöhe und bringt uns näher zueinander.


 

Petra Zivnicek . Hundetrainerin . Hundepsychologin

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